Zinsen und Wachstumszwang
Zinsen als Renditen
Zinsen können als Nutzungsgebühr für Geld/Kapital betrachtet werden. Eine allgemeinerer Ausdruck für diese Art von Nutzungsgebühren auf Ressourcen ist der Begriff der Rendite. Die Eigenkapitalrendite ist der Vergleichwert zum Fremdkapitalzins, der zur Entscheidung über die Aufnahme eines Kredites oder die Nutzung des eigenen Geldes herangezogen wird.
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Renditen bieten die optimalen Vergleichsparameter, da es sich um einfache, prozentual ausgedrückte Kennwerte handelt und sie auf nahezu jede Ressource angewandt werden können. So gibt die Humankapitalrendite Auskunft über das berufliche Entwicklungspotential von Individuen und ist Grundlage für betriebliche Entscheidungen.
Ein wichtiger Aspekt ist in diesem Zusammenhang das aktuelle Zeitverständnis. Der moderne Zeitbegriff geht von einer linearen, chronometrischen Zeit aus. Nach diesem Verständnis ist Zeit eine beliebig teilbare, qualitäts- und kontextlose Größe die sich dadurch ideal für die Berechnung für Vergleichswerte eignet. Die Zeit ist somit zu einem Wettbewerbsfaktor geworden und muss für die Erwirtschaftung von Zinsen, durch die Erzielung der besten Rendite, optimal (im Medium des Geldes) ausgenutzt werden.Zinsen und Wachstumszwang (Globale Umweltebene)
Der Zinssatz besteht aus der Bankmarge, der Risikoprämie und der Liquidätsprämie. Die Bankmarge dient zur Deckung von Kosten die der Bank für die Erbringung von Dienstleistungen entstehen, während die Risikoprämie das Ausfallrisiko eines Kredites in Rechnung stellt. Die Liquiditätsprämie stellt wiederum den Betrag dar, den ein Gläubiger erhält um auf flüssige Mittel zu verzichten.
Ein wie in der Öffentlichkeit oft kommunizierter Wachstumszwang lässt sich nicht direkt vom Zins ableiten.
Er ergibt sich erst wenn der Zinsertrag nicht konsumiert sondern gespart und investiert wird. Erst durch diese Spar- und Investitionsentscheidung entsteht der Zinseszins.
Sparentscheidungen hängen dabei eher von der Höhe des Einkommens ab als von der Zinshöhe, wohingegen der Zinssatz beeinflusst in welche Werte investiert wird.
Der Bestandteil des Zinses der zum Wachstumszwang beiträgt ist die Liquiditätsprämie.
Findet nun eine große Akkumulation von Kapital bei einer geringen Gruppe von Menschen statt, erzeugt dies einen hohen Wachstumsdruck da eine hohe Liquiditätsprämie auf eine hohe Sparneigung trifft. Die Ursache des Wachstumzwangs liegt nicht im übermäßigen Konsum, sondern in der übermäßigen Produktion. Die Menschheit kann nur die Güter konsumieren, die sie auch produziert.
Zinsen, Kredite und Wohlstand (Nationale Wohlstandsebene)
Investitionen werden durch die Kreditgeldschöpfung finanziert. Da Geld aus dem "Nichts" erzeugt wird, ist es nicht nötig auf Ersparnisse zu warten bevor investiert werden kann. Zinsen und Ersparnisse steigen erst nachdem ein kreditfinanziertes Wirtschaftswachstum stattgefunden hat. Die Nachfrage nach Krediten ist dabei stets größer als das Angebot an Krediten. Daher haben Zinsänderungen keinen Einfluss auf die Kreditgeldschöpfung. Entscheidend ist die Risikobereitschaft der Banken und deren Refinanzierungsmöglichkeiten durch die Zentralbank.
Nun kann Kreditgeld erzeugt werden...
...um auf dem Finanz- und Immobilienmarkt zu spekulieren (= Inflation der Preise von Vermögensgütern),
...um Investitionen in die Erstellung von neuen Produkten und Dienstleistungen zu tätigen (= Erhöhung des Produktionsniveaus),
...oder um Konsum zu finanzieren (= Inflation der Preise von Konsumgütern).
Daraus leitet sich folgendes ab:
- Die momentane Zinssenkungsstrategie der EZB wird scheitern, da niedrige Zinsen nicht zu mehr Investitionen führen. Im Gegenteil steigt dadurch die Staatsverschuldung und Spekulation umso weiter. Japan ist in den 90er Jahren mit einer ähnlichen Strategie gescheitert.
- Um Wirtschaftswachstum und Wohlstand zu fördern sollte eine produktive und keine nicht-produktive, spekulative Kreditgeldschöpfung erfolgen.
- Da durch Kreditgeldschöpfung Schulden entstehen, sollte die spekulative Kreditgeldschöpfung eingedämmt werden.
Verantwortlich: Ioannis Alexiadis
Literatur
Klier, Alexander: Zeitformen–Versuch der kategorialen Fassung betrieblicher Zeitqualitäten. Verflüssigung von Arbeit und Zeit: 53, 2011.
Werner, Richard A: Neue Wirtschaftspolitik: Was Europa aus Japans fehlern lernen kann. Vahlen, 2015.